29.4.09

April-Nachwahlen

Zum ersten Mal seit den Parlamentswahlen vom letzten Jahr gab es nun wieder Wahlen für Parlamentssitze. Wenn ein Abgeordneter sein Mandat verliert (Tod, Rücktritt, Verurteilung durch ein Gericht) wird der Sitz vakant und muss in einer Wahl neu vergeben werden; in Korea gibt es keine dauerhaft leeren Sitze und kein Nachrückersystem wie in Deutschland.
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Da mich noch immer die koreanische Politik im Allgemeinen und der Faktionskampf zwischen Park Geun-hye und den anderen, eher Lee zuzurechnenden Faktionen interessiert, war bei diesen Wahlen insbesondere das Rennen in Gyeongju von Interesse. Doch auch in anderen Kreisen gab es interessante Ergebnisse, die ich im Folgenden ganz kurz analysieren möchte.
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Bupyeong (Incheon)
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Eine Stadt in der Hauptstadtregion, formal zu Incheon gehörend. Der einzige Sitz in der Hauptstadtregion und daher besonders signifikant. In der Hauptstadtregion ist es nämlich so, dass man viele Wechselwähler hat und die klassische Verteilung zwischen Hannara und Minju aufrecht erhalten ist. Und tatsächlich setzte sich hier die Minju mit über 10% Vorsprung gegen die Hannara durch. Also durchaus ein klares Zeichen an die Regierungspartei, dass man ihr Handeln nicht gutheißt. Es gab allerdings noch deutlichere Zeichen und man sollte nicht daraus schließen, dass die Minju eine wirkliche Alternative ist.
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Deokjin (Stadt Jeonju, Jeollabuk-do)
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In Deokjin gab es das klassische Ego-Rennen. Der auch auf diesem Blog schon reichlich abgefrühstückte Jeong Dong-yeong, ehemaliger Wiedervereinigungsminister, Mitarchitekt der Politik Rohs etc. kam wieder aus dem Ausland nach seiner herben Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen und wollte wieder mitmischen. Da sagte die Minju durchaus verständlicherweise, dass jemand, der 4 Mal seinen endgültigen Ausstieg aus der Politik erklärt und bei den Präsidentschaftswahlen abgewatscht wurde, nicht jetzt schon wieder Kandidat sein sollte. Bzw. man bot ihm sogar an, Kandidat zu werden, dann aber in der Hauptstadtregion.
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Deokjin hingegen ist ein sicherer Kreis für die Minju-Kräfte, weshalb das kein echter Test für Jeong gewesen wäre. Also nominierte die Minju ihren Kandidaten, ohne Jeong zu berücksichtigen. Und dieser benchmarkte daraufhin die erfolgreiche Strategie der Park-Allianz und trat als unabhängiger Kandidat an.
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Und was soll man sagen: Die Minju wurde sträflich abgewatscht, der "unabhängige" Jeong gewann überragend mit über 72%. Jeong hat aber das gleiche Problem wie Park Geun-hye. Beide können in ihren Stammgebieten unglaubliche Resultate erzielen, wenn es aber ums ganze Land geht, bleibt Jeong eben bei 20% und Park bei 30% hängen.
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Wansan (Jeollabuk-do)
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Auf den "eigentlich Minju, aber jetzt unabhängig"-Wagen sprang auch Herr Sin auf, ein altbekanntes, aber neues Gesicht. Auch er wurde deutlich gegen den eigentlichen Minju-Kandidaten gewählt.
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Ulsan-Nord
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Das hingegen war eine Überraschung. Während alle Zeitungen, auch linke, davon ausgegangen waren, dass durch den Strukturwandel im Norden Ulsans, der das Arbeiterviertel in eine Mittelklassewohngegend verwandelt, die Sozialisten von der Nodongdang nicht mehr so stark sein würden, haben sie hier tatsächlich noch Mal sehr deutlich gewonnen. Genau genommen war es eine Allianz aus Jinbosindang und Nodongdang mit einem Kandidaten der Jinbosindang. Jedenfalls zeigt die Niederlage hier, dass Jeong Mong-juns Einfluss doch nicht mehr so weit reicht wie erwartet. Auch dies ein deutliches Zeichen für die Machtverhältnisse in der Hannara. Ähnlich wie in Gyeongju gab es hier eine extrem hohe Wahlbeteiligung, was den Sieg noch aussagekräftiger macht.
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Gyeongju (Gyeongsangbuk-do)
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In Gyeongju schließlich gab es das Spiegelbild der Entwicklung im Westen: Wieder einmal wurde ein sicherer, angesehener Kandidat der Park-Faktion bei den innerparteilichen Nominierungen geschasst, woraufhin dieser seine Kandidatur als Unabhängiger bekannt machte.
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Park Geun-hye selbst blieb wie immer ruhig, sagte nichts zu Lage, aber selbst das reichte, um ihren Kandidaten durchzubringen. Und zwar fulminant: Mit 46% knapp 10% mehr als der Hannara-Kandidat - und das ganze bei gestiegener Wahlbeteiligung gegenüber den eigentlichen Parlamentswahlen, etwas, was es m.W.n. in der Geschichte koreanischer Nachwahlen noch nicht gegeben hat. Wichtiger als absolute Zahlen ist in diesem Fall genau die Wahlbeteiligung, denn sie zeigt das Mobilisierungspotential, das Park hervorrufen kann ohne selbst Kandidat zu sein. Normalerweise ist bei Wahlen im Südosten klar, dass ein Konservativer gewinnt. Wenn aber beide Kandidaten konservativ sind, dann geht es um die Mobilisierung.
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Fazit
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Gewählt wurden bei diesen Wahlen 5 Abgeordnete und keiner von diesen wird das Hannara-Hemdchen tragen. Die Jinbosindang hat ihren ersten Sitz in der Nationalversammlung errungen, etwas was ich ausdrücklich begrüße, auch wenn es durch eine Kooperation mit der Minno zustande kam. In der Hauptstadtregion konnte sich die Minju als Alternative Not gegen Elend durchsetzen, dafür hat sie durch die Ergebnisse im Südwesten nun handfeste Probleme.
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Viele Zeitungen titeln heute "Sieg der Unabhängigen", aber keiner dieser Unabhängigen ist wirklich unabhängig: Die einen sind Kritiker der Minju-Führung, aber eigentlich Minju-Leute, der dritte im Bunde ist der Park-Faktion zuzurechnen.
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Wer sind also die Gewinner der Wahl? Ganz sicher Park Geun-hye als Königin der Wahlen im Südosten, wobei ihr auch dies Mal wieder ihr Lavieren viel Kritik eingebracht hat. Des weiteren sicher die Kritiker der Minju-Führung und vor allem Jeong "das Ego" Dong-yeong. Nicht zuletzt diejenigen "progressiven" Kräfte, die nicht zur Minju gehören: Die Jinbosindang, die schon totgesagt war und die Nodong-dang.
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Wer sind die Verlierer? Die beiden großen Parteien, insbesondere der Parteivorsitzende der Minju-dang und die Großkopferten der Faktionen in der Hannara-dang, Lee Sang-deuk dessen Kandidat gegen Parks Kandidaten verlor und Jeong Mong-jun, dessen hohe Pläne von der Präsidentschaft wohl noch einmal überdacht werden müssen, wenn er nicht mal den Wahlkreis seiner Firma in den Griff bekommt.
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