Das hatte sich der liebe Führer anders vorgestellt. Nach der nur äußerst knappen Niederlage gegen Brasilien und dem Ausbleiben politischer Botschaften auf dem Feld, die vorher angekündigt worden waren, entschied sich die Führung erstmals überhaupt in der nordkoreanischen Geschichte ein wichtiges Fußballspiel live zu übertragen.
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Und tatsächlich schien ja alles gut zu laufen. Nur 0:1 zur Pause zurück und gut mitgespielt, hervorragende Chancen herausgespielt. Und nach der Pause dann völlig demontiert. Ich meine, völlig. 0:7 - autsch. Ich habe noch nie ein Team gesehen, dass in so kurzer Zeit so extrem nachgelassen hat. Völlig desorientiert standen die auf dem Platz. Traurig sowas.
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Jedenfalls dürfte die Übertragung nicht den gewünschten Effekt gehabt haben - der Kommentator fand Berichten zufolge nach 70 Minutne keine Worte mehr und hörte schlicht auf. Die letzten 20 Minuten verfolgten die Zuschauer dann in Stille, was ja auch mal eine Segnung sein kann.
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P.S. Ich feuere im Gegensatz zu 90% der Südkoreaner Nordkorea nicht an. Ich habe Respekt vor Jeong Dae-se, weil er ein wirklich guter Spieler ist (auch wenn er ungefähr so nordkoreanisch ist wie George Bush und ich besseres Koreanisch spreche als er) und es tut mir um die Spieler leid, die jetzt zuhause im besten Fall in der Unbekanntheit verschwinden, im schlechtesten Fall im Arbeitslager. Auch kann ich sehr gut verstehen, dass die nordkoreanischen Flüchtlinge hier trotzdem das Team anfeuern. Und selbst den Grund, dass bei Siegen Nordkoreas die armen Leute da oben was zu freuen haben, kann ich nachvollziehen. Aber das sind alles hohle Phrasen. Südkoreaner feuern Nordkorea aus anderen Gründen an. Kulturelle Superiorität, bzw. der Glaube daran. Aber ich habe mit dem Team an sich keine Sympathie, nur weil sie die gleiche Sprache sprechen wie ich und angeblich das gleiche Volk sind und die gleiche Kultur haben. Nordkorea zeigt meine Art des "Patriotismus" gegenüber Korea eigentlich ganz gut. Ich habe einen Patriotismus gegenüber der Republik Korea, nicht gegenüber "dem Koreanischen" an sich, wobei es überhaupt die Frage wäre, was das "Koreanische" ist.
Genauer gesagt ist es natürlich auch nicht einmal der Staat Republik Korea an sich, sondern meine Freunde, meine Erfahrungen, mein Alltag und Lebensgefühl und das sind die Gründe, weshalb ich eine Loyalität zu dieser Gesellschaft habe, die sich in der Form der Republik Korea präsentiert. Ich glaube nicht an irgendwelche kulturellen Superioritäten, Ein-Volk-Theorien und ähnliche Scherze. Nordkorea ist mir nicht näher als Japan oder China, auch wenn ich mehr Interesse für das Land habe, mehr darüber weiss und die Trennung künstlich ist/war.
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Ist schon witzig: Die Koreaner kritisieren mich genau dafür, dass ich nämlich inkonsequent sei und man sich nicht "ein Korea aussuchen könne". Die Deutschen kritisieren mich dafür, dass ich mich überhaupt noch einem anderen Land als dem traumhaften Deutschland verpflichtet fühle und verstehen nicht, dass ich mich in so einer rückständigen Gesellschaft wohlfühlen kann.
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1 Kommentar:
Es gibt doch eigentlich nur ein Korea !
Was Du da schreibst ist schon ein wenig komisch....
Chosun nicht unterstützen weil ich die Regierung da nicht mag !?
Wenn es so ist dann unterstütze ich fast niemanden, einschlieslich Deutschland!
Ich dachte Dir sagt die Kultur Koreas zu ?
Ich habe mich damals auch über Siege der DDR gefreut, bestimmt mehr als über Sige Frankreichs oder Hollands :-)
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