Heute war wirklich ein historischer Tag. Heute traf ich auf einer kleinen Konferenz mit 5 Übersetzern koreanischer Literatur die erste Übersetzerin mit der ich irgendwie übereinstimmen konnte, denn was sie sagte, war sehr simpel und etwas, das ich in letzter Zeit immer mehr fühle:
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Wenn man Korea und seine Kultur im Ausland bekannt machen will, braucht man nicht nur Willen, sondern handfeste Mittel wie Geld und Informationen. Man muss mit Druck brauchbare Infos ins Ausland pushen und bevor man mit hochstehender Literatur anfängt, wäre es praktisch mal lesbare Sachbücher zu Kultur und Kunst Koreas zu veröffentlichen, damit Leute mit Interesse ohne jahrelanges Sprachstudium - so wie mit Japan und China - einen gewissen Schatz an Kenntnissen aufbauen können. Wenn man durch einfach lesbare, aber trotzdem wissenschaftlich haltbare Bücher fassbar machen kann, was ein Maru ist, wie sehr so etwas in der koreanischen Kultur verwurzelt ist und warum man nicht einfach "Veranda" dazu sagen kann, wird auch die noch immer sehr dem "Tosok", also Heimatlichen, verhaftete koreanische Literatur weniger sperrig. Im Falle vonJapan kann man durch die kulturelle, politische und materielle Vorarbeit zumindest von einem Grundverständnis von Zusammenhängen ausgehen; beim Koreanischen ist dies bis auf Kimchi und Samsung leider nicht der Fall.
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Sprach Frau Kang, riet uns nicht literarisch zu übersetzen (auf einer Konferenz des Literaturübersetzungsakademie wohlgemerkt :D), riet uns weiterhin uns einen Job zu suchen, mit dem wir Geld verdienen können und nebenbei gute Sachbücher zu übersetzen, damit die paar Leute, die wirklich Literatur übersetzen es nicht mehr so schwer haben. Da schluckten erst einmal die Verantwortlichen und mich heidischen bösen Studenten freute es doch sehr.
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Ich weiß, dass dies auch nicht das Wahre ist, aber im Moment sehe ich das tatsächlich als vernünftige Methode an, denn wir als Übersetzer können die koreanische Literatur nicht ändern; und wenn mal jemand mit der vielbesprochenen Bopyeonseong (Universalitaet) gesegnet ist, so wie Kim Young-ha, dann verhaeckselt ihn irgendeine Uebersetzerin (man liefere mir Cornelia Brandt, um sie persönlich auf den Scheiterhaufen zu werfen!) zu Brei, wie juengst geschehen mit "Naneun Nareul Pagwaehal Gweolli-ga ittda", das im Deutschen "Das Gottesspiel" heißt, was noch längst nicht der größte Frevel ist. Es wird schon einen Grund geben, warum die Co-Übersetzer(in) sich nicht im Titel erwähnen lassen wollte.
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Ich habe ja durch ausreichende Koreanischkenntnisse und mein großzügiges Bücherbudget inzwischen an die 70 Bücher kaufen können, seit ich hier bin - fast alle auf Koreanisch. Was es für spannende, lustige, informative und tiefgreifende Sachbücher in diesem Land zu praktisch allen Themen gibt, ist einfach sagenhaft und fasziniert mich jedes Mal aufs Neue. Ich kann - und das meine ich wörtlich - ganze Tage im Buchhandlungen verbringen und in den Schätzen stöbern. Manchmal glaube ich, dass jeder einzelne Bürger Koreas in seinem Leben mindestens ein Buch geschrieben haben muss, um diese Fülle und Vielfalt hinzubekommen.
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Lese ich aber koreanische Literatur, scheint es nur wenige Themen zu geben und sie werden immer nach dem gleichen Muster abgehandelt: Entweder passiert gar nichts und man lamentiert nur über Familie, Teilung und sonstigen Schmerz (das "Han" lässt grüßen) oder man versucht besonders hip, besonders westlich zu sein. Dazwischen gibt es einige Juwelen der neuen Generation, besagten Kim Young-ha, Park Min-gyu und manchmal noch Kim Ae-ran, die es zumindest schafft ihre unverarbeiteten auf interessante Weise rüberzubringen.. Yi Cheong-jun schafft es als Autor sehr koreanisch zu sein und trotzdem universelle Probleme anzusprechen; eine Seltenheit. Jeder Autor hat seine Vorteile und seinen Wert, aber für den deutschen Markt sind derzeit doch recht wenig geeignete Werke erhältlich. Das wissen die Verantwortlichen auch. Aber die Kombination aus im eigenen Saft schwimmenden koreanischen Autoren und unfähigen Übersetzern ist wirklich eine tödliche, die es zu durchbrechen gilt.
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Da wir an den Themen und der Art der koreanischen Literatur, d.h. persönliche Erlebnisse durch Kurzgeschichten verarbeitet vs. universelle Reflektionen nichts ändern können, finde ich es tatsächlich eher sinnvoll mich mir, der ich sowieso kaum literarische Erfahrung besitze, der Sachbuchübersetzung anzunehmen, die noch viel mehr im Argen liegt als die Literaturübersetzung. Übersetzer werden immer als Handwerker angesehen, selten als Künstler. Aber während man als Literaturübersetzer zumindest noch irgendwie im Kultur- und Kunstgewerbe angesiedelt ist, ist dies beim Sachbuchübersetzen, ganz zu schweigen vom Technischen Übersetzen, gar nicht gegeben. Das muss man wohl aushalten können, um die Basis dafür zu legen, dass man auch koreanische Literatur verstehen kann.
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1 Kommentar:
"Das Gottesspiel" wurde übrigens aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt, und ohne jegliche Förderung von Seiten koreanischer Institutionen.
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