In unserem kleinen Kurs "Warum Koreaner und Deutsche verschieden sind" widmen wir uns heute dem Thema Geldgeschäfte im kleinen Rahmen, d.h. z.B. das Begleichen der Miete.
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Das ging in Deutschland sehr einfach. Geld auf ein Konto, Hausverwaltung zieht das Geld ein, das Geld ist weg und ein paar Wochen später bekommen wir eine Mahnung, dass wir bitte bis dann und dann die Mietschulden zu begleichen hätten. Einige Telefonate später hat die Hausverwaltung dann geschnallt, dass sie das Geld haben und gut ist. Bis zum nächsten Mal.
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Anders in Korea, wenn man den Vermieter dummerweise gleich noch im Penthouse zu wohnen hat und sein einziges Hobby zu sein scheint, den Fahrstuhl durch die Überwachungskamera zu beobachten. Gänzlich unaufdränglich fängt er einen dann gleich am Tag der fälligen Miete ab, lässt sich dann auf den Abend vertrösten. Am Abend kommt natürlich vom faulen Deutschen nichts. Also klingelt das Telefon, "wir sollten doch auf einen Tee hoch kommen und ein bisschen reden".
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Egal wie abgeklärt, wieviel Erfahrung mit koreanischer Art man hat, man bleibt doch Deutscher: Auch wenn er Geld von uns bekommt, dann ist diese aufdringliche Art doch eine Frechheit. Soll er halt seine Kontonummer geben und wir überweisen. Auf dem Weg zur Bank fallen unter den Deutschen Schimpfwörter, man ist sich einig, dass wir den Vermieter nicht als Ersatzpapi wollen, sondern er gefaelligst Geschäftsmann zu sein hat. Basta.
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Also geht man schließlich hoch, wo die Dame des Hauses tatsächlich schon einen leckeren Tee und eine Obstplatte vorbereitet hat uns herzlich umarmt und begrüßt. Nach einem ungezwungenen netten Gespräch wird stillschweigend der Umschlag rübergeschoben, die Frage des Vermieters, ob wir noch ne extra Quittung braeuchten, verneinen wir wie in Trance. Die Frau packt uns noch jedem geschätzt 50 Kilo Kimchi und Namul und jedem noch einen Apfel auf den langen Weg zwei Stockwerke tiefer ein und nach einer halben Stunde ist die Geldübergabe auf überraschend freundliche Art abgelaufen.
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Es ist verrückt. Vertrauen, Kulanz und Herzlichkeit scheint es nur zu geben, wenn man dafür auch selbst einen Teil seiner Mauern - und somit seiner eigenen Freiheit, genauer gesagt, seines Freiraums - aufgibt. Was nutzt es auch sich dagegen zu wehren, was nutzt es sein Deutschtum, das noch so "rational richtig und logisch" sein mag, gegen alle Widerstände durchzusetzen? Ausser, dass es Zeit spart und einem die Ueberlegenheit der westlichen Denkweise vor Augen fuehrt?
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Rational verstehen kann man diese Zusammenhaenge irgendwo, akzeptieren nicht, sich gewöhnen vielleicht, die Vorteile genießen sollte man aber auf jeden Fall - vielleicht ist das der Schlüssel zur Akzeptanz, Akzeptanz in beiden Sinnen des Wortes.
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