Gewonnen haben viele bei der zuende gegangenen Baseball-Weltmeisterschaft. Japan heute in einem hochdramatischen Finale in der Verlängerung das Turnier, der koreanische Baseball weiter an internationalem Renommee, Teams ohne MLB-Staraufgebot gegen die hochfavorisierten MLB-Profis und ich persönlich den Einblick in eine faszinierende Sportart.
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Ein großer Teil dieser Faszination war natürlich dem verrückten Spielplan geschuldet, der zur Folge hatte, dass Korea innerhalb dieses einen Turniers 5 Mal gegen Japan spielen musste. Die Stimmung war einfach nur grandios, obwohl ich keines der Spiele in Jamsil verfolgt habe, wo die Spiele live auf Großleinwand vor mehreren zehntausend Zuschauern gezeigt wurden. So langsam verstehe ich, dass Baseball die Koreaner als Sport mehr fasziniert, dort mehr Expertise und weniger reiner Sport-Nationalismus am Werk ist. Man kennt alle japanischen Spieler mit Namen, ihre Statistiken und ist auch ansonsten erstaunlich deutlich fairer als bei anderen Sportarten.
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Vom üblichen Krieg der Medien Mal abgesehen. Aber wenn die Japaner sich aufregen, dass die Koreaner auf dem Mound im Stadion die Taegeukki pflanzen, was ist dann bitte über japanische Fangruppen zu sagen, die die Kyokujitsuki schwenken?
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Heute in der Akademie versuchten bis zum 9. und letzten Inning alle so zu tun als würden sie arbeiten, doch dann stürzte der stv. Leiter der Abteilung in die Lobby und wies den Wachmann an, den Bildschirm doch schnell umzuschalten. Nach und nach war dann auch aus den umgebenden Bürogebäuden Lärm zu hören; die Praktikanten stellten zumindest das Radio an. Als Korea der unerwartete, nicht mehr erhoffte Ausgleich mit quasi dem letzten Wurf der regulären Spielzeit gelang, gab es dann kein Halten mehr und ich malte mir aus wie es wohl während der Fußball-WM gewesen sein mag. Dass Japan dann doch noch 2 Runs machte und schließlich gewann, wurde enttäuscht aber erstaunlich fair zur Kenntnis genommen. Immerhin hatte Korea Japan zwei Mal geschlagen, war sonst ungeschlagen aus dem Turnier gegangen - und heute musste man einfach anerkennen, dass die Japaner nicht insgesamt besser waren, aber dennoch verdient gewonnen haben. Japan und Korea haben dem Rest der Welt gezeigt, dass sie bei dieser WM irgendwie nur dekoratives Beiwerk waren (Japans grandioser Sieg gegen die USA, Koreas Kantersiege gegen Venezuela und Mexiko)
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Ich brauche immer solche "Initiationsriten", um mich für etwas zu begeistern. Immer einen Schlüssel, der mich an ein Thema heranführt und ein grundlegendes Interesse festigt oder eine künstlich aufgebaute Abneigung abbauen hilft. Lustigerweise war es bei einem mit Baseball nur entfernt verwandten Bereich, dem Buddhismus, ziemlich genauso.
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So wie ich Baseball für eine langgezogene Version von Brennball hielt, war ich bis zur Uni der wenig unterfütterten Meinung, Buddhismus hieße eine goldene Statue eines dicken Manns anbeten. Irgendwie hoffe ich, dass ich noch mehr solche Erlebnisse in vielen Bereichen erlebe, denn nur mit so einem Schlüssel schaffe ich es wirklich mich aufzuraffen, hinter Fassaden zu schauen und mir die Details zu einer Sache anzuschauen.
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Bei so unbedeutenden Ereignissen wie "Abneigung gegen Baseball durch gute Spiele und Regelverständnis überwinden" merkt man dann absurderweise, wieviele verbohrte Meinungen man als Mensch hat, da nutzt es dann wenig, dass es nicht nur einem selbst so geht. Zumal diese Schranken abzubauen schwierig ist, denn oft wird jemand, der seine gewandelte Meinung offen vertritt dann als wankelmütig tituliert. So, bevor ich jetzt vom heutigen 3:5 noch auf Herzsutra und ähnliche Texte komme, sollte ich lieber ins Bett.
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Morgen gibts ne Führung durch die konfuzianische Akademie Seonggyungwan, was im Klartext heißt: Morgens um kurz vor 8 raus in die Kälte, vier Stunden an 3 alten Gebäuden erklären lassen, welche historische Bedeutung der Konfuzianismus hatte. Manchmal sind mir trockene Textbücher lieber als Anschauungsunterricht.
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1 Kommentar:
Ich habe einigen Schülern im Unterricht erlaubt, über Internet das Spiel zu verfolgen. Sie sollten die Zwischenergebnisse durchgeben. Eine normale Stunde war das eh nicht. Als dann der Ausgleich fiel, ging ein Aufschrei durch fast alle Klassenräume. Also haben das andere auch gemacht.
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