Nachdem ich mich jetzt wieder einigermassen an der Uni eingelebt habe, mit all den buerokratischen und fachlichen Steinen, die aus dem Weg zu raeumen sind, beginne ich viel nachzudenken ueber die Uni und das, was hier so verlangt wird. Wie ist das denn im Vergleich zu Deutschland? Waere mein Master in Deutschland anders? Wird ein Doktorkurs in den USA anders? Ist Korea denn wirklich monolithisch in seinem Uni-System?
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Interessant sind fuer mich insbesondere Gittes Beobachtungen, die von einer anderen Uni und anderen Fachrichtung stammen und koreanischen Unterricht als knallharten Frontalunterricht charakterisieren.
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Als ich neulich dann einen Artikel von Hannes Mosler, der ja bekanntlich WiMi bei uns am Institut in Berlin ist, gelesen habe, ist mir etwas ganz anderes aufgefallen: Was er mit der Erfahrung seines Alters treffend als die Realitaet des koreanischen und deutschen Uni-Betriebs beschreibt, ist fuer mich Jungschen gar nichts zum Aufregen. So wie er habe auch ich grosses Verstaendnis fuer die Studenten, die ihr eigenes Punktesammeln im Kopf haben und nicht ein breites Wissen. Ich wuerde nicht so weit gehen das mit der Prostitution auf der Oranienburger Strasse zu vergleichen, aber ich war ja selbst so jemand, der sich moeglichst schnell und bequem durchs System versucht hat zu schlaengeln und Unterricht nach Aufwand berechnet hat. Insofern hinkt der Vergleich gar nicht so sehr.
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Gleichzeitig gilt aber auch, dass langes Studieren per se kein Qualitaetskriterium ist: Wer 10 oder 12 Semester fuer seinen Bachelor in Koreastudien braucht, erhaelt dabei nicht automatisch bessere Kenntnisse.
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Ich kann ueber den ganzen Prozess nichts sagen, aber ich bin mir sehr sicher, dass die Hochschulreformen auch nicht aus dem Nichts gekommen sind, weil alles perfekt war und alle ihren Interessen nachgehen konnten und trotzdem nachher erfolgreich waren. Ich habe aber diesen Vergleich mit frueher nicht und das macht es denke ich einfacher Dinge zu akzeptieren.
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Als ich 2005 anfing zu studieren, da war das System schon voll verschult. Man hat sich drueber aufgeregt, aber das System stand eben schon. Auch viele Lehrkraefte gaben bald ihren Widerstand auf und zogen die Anforderungen knallhart durch.
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Wenn man die Alternative nicht kennt, ist die Realitaet zwar nervig, aber man kann sich nach nichts zuruecksehnen. Ist das ein Segen oder ein Fluch? Ich bin mir nicht sicher.
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Diskutiert wurde in Deutschland in den Kursen trotzdem munter, immer drauf los. Nur das theoretische, wissenschaftliche Fundament fehlte. Also redeten wir ueber Phaenomene und warfen uns eher semiwissenschaftliche Beobachtungen wie "als ich in Korea war habe ich das und das gesehen" an den Kopf.
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Interessanterweise spuere ich zwar hierin einen grossen Unterschied zu Korea, wo Diskussionen schon deutlich formaler und schmallippiger sind, aber im Unterrichtsstil an sich kann ich persoenlich kaum Unterschiede feststellen.
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Was ich naemlich bisher erlebt habe, ist dass auch in Korea Professoren sich versuchen, innerhalb des Systems Freiheiten rauszunehmen. Von den drei Kursen, die ich habe ist einer vollkommener Frontalunterricht, einer eine Kombi aus Unterrichten und Diskutieren (ziemlich aehnlich der deutschen Art) und einer ist ein einziges philosophisches Schlachtefest, in der mit Fachbegriffen rumgeschmissen wird, dass es nur so raucht. Scheint tatsaechlich alles vom Fach und vom Professor abzuhaengen, von der Uni wohl eher weniger.
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2 Kommentare:
es sind nicht ALLE kurse im frontalstil... es kommt auf die generation des professors an. aber ich bin eh am konservativsten institut in ganz korea :P
Vielen Dank für den Link zum Leserbrief von Hannes Mosler. Dort war dann auch der sehr gute Artikel von Heike Schmoll verlinkt, den ich zu 100 Prozent unterschreiben kann. Ich selbst habe noch auf Magister studiert, habe aber auch den Vergleich zum Bachelorstudium und kenne die Vor- und Nachteile (natürlich auch des Magisters). Dennoch schätze ich mich glücklich, dass ich noch einen Magister machen durfte! War nicht einfach 3 so unterschiedliche Fächer unter einen Hut zu bekommen und nochmal geschätzt ein Jahr für die Abschlussprüfungen dranzuhängen, aber könnte ich nochmal studieren (und gäbe es das alte System noch) würde ich das auch wieder machen!
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