7.9.08

1984 | 1984년

Eigentlich wollte ich schon vor ein paar Tagen auf diesem Blog eine Lanze für die Video-Überwachung brechen, aber so langsam kriege ich Angst vor dem System. Dem System entgeht wirklich nichts.
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Alles fing harmlos an als dem System nicht entging, dass ich die Waschmaschine im 5. Stock benutze, weil dort das Dach ist. Dann merkte das System, dass ich manchmal in der Küche vergesse das Licht auszumachen. Alles nichts Schlimmes, denn wenn die Chefin da ist, sagt sie das sehr freundlich und fragt dazu dann immer gleich noch, ob mir was fehlt, wie es mir geht und so weiter. Einmal, als ich nach dem Waschen unbewusst einen Socken auf dem Flur verloren hatte, klopfte es 2 Minuten später vorsichtig an der Tür und die Besitzerin reichte mir den Socken mit einem Lächeln und den Worten "CCTV", also Überwachungskamera. Sozialismus mit menschlichem Antlitz sozusagen.
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Am Wochenende wandelt sich das Ganze dann aber immer zur echten Diktatur des Proletariats, wenn nämlich die Chefin frei hat und ihr Handlanger die Lager-Aufsicht führt. Und da ihm sehr langweilig ist in seinem Kabuff, schaut er anstatt TV, lieber das CCTV mit den Kanälen "Flur 3", "Flur 4", "Küche", "Waschraum 1" "Lobby" und "Waschraum 2". Und jeden Tag kann man sich mindestens einmal des Klopfens sicher sein, zusammen mit den recht unfreundlichen Worten.
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"얀씨 잠시만 나와보실래요" (in etwa: "Möchten Sie vielleicht mal kurz mitkommen, Jan")
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Dann weiß man, dass man was ganz Böses angestellt hat und jetzt belehrt wird. Heute spielte der Herr dann zur Abwechslung mal Öko-Polizei.
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Es gibt hier im Haus verschiedene Behälter für Essensreste, Papier, Kartons, Leere Flaschen und Dosen, Sonstigen Müll. Da ich nun aber nicht unbedingt Lust hatte, in meinen gefühlten 2m² jetzt noch 5 Mülltüten zuzulegen, war ich so frech dem ganzen nicht den nötigen Gehorsam zu schenken. Was mir in Deutschland schon auf die Nerven geht, muss ich hier nicht noch auf die Spitze treiben. Dementsprechend gingen meine Bananenschalen und alte Bons mit in den normalen Müll, was natürlich nicht unentdeckt blieb. Soeben wurde ich also mal wieder von der Stimme des Wärters geweckt, der mir daraufhin eine Sondervorlesung über koreanische Müllgesetze mit auf den Weg gab. Ist schon witzig. Da hat Korea strenger Umweltgesetze als Deutschland und trotzdem sieht es sobald man aus Seoul raus ist, aus wie auf einer Müllkippe. Aber "Law Enforcement" ist so eine Sache. Vor einem Kumpel, der gestern zwei Polizisten indirekt beleidigte, nahmen diese lieber Reißaus und verschwanden wieder in ihren Autos.
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Doch zurück zum Thema: Videoüberwachung ist klasse, auch wenn ich wegen meines nächtlichen Besuchs schon eine Verwarnung gesammelt habe (2 darf man glaub ich haben). Man fühlt sich sicher und alle sind gewarnt, sich ordentlich zu benehmen. Zum Beispiel werden bei uns nicht in der Küche die Sachen der anderen gemopst, was ja in anderen Hasuks ein großes Problem ist. Also solange ich jetzt nicht jeden Tag zum Verhör zitiert werde, bin ich unter Vorbehalt erst einmal für Videoüberwachung ^^
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3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

also eigentlich wird in den hasuks eher selten was von anderen genommen und das mit den cameras is schon super-nervig. auch diese regelung mit nächtlichem besuch ist doch mal echt scheiße, da würd ich ja schon nach ner woche rausfliegen... such dir mal ne ordentliche bleibe.

Gomdori@KU hat gesagt…

Die naechtliche Regelung ist vollkommen richtig. Es geht ja nicht vorrangig darum, wieviele Frauen man wegknackt (aber schoen, dass du es noch mal betont hast), sondern darum, dass man bei den duennen waenden alles hoert...auch saufparties mit freunden oder sonstiges...ne nachtruhe ist bei so vielen personen auf so engem raum einfach noetig.

Tom hat gesagt…

Das Buch ist genial aber auch sehr bedrückend.

Wie sicher bist du dir eigentlich, dass diese Sicherheitskameras nicht auch in deiner Nasszelle versteckt sind?

BBIWY!!!