Seoul, Samstag Morgen 4:50 Uhr. Die Luft ist frisch, hunderte Menschen torkeln umher, um die kreuz und quer auf der Gangnam-Allee geparkten Taxis zu bekommen. Wir werden nur mitgenommen, wenn wir erst zu Hyeris Wohnung am anderen Ende Stadt fahren und dann zu mir nach Samseong. Auch egal - das einzige, was in Gangnam und Gangbuk gleich ist, sind die Taxifahrer. Dachte ich.
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Los geht's. Der Fahrer macht einen U-Turn auf der noch immer viel befahrenen 8-spurigen Straße. Fahrbahnteiler sind nur zur Verschönerung da. Wer als erstes über die Kreuzung war, hatte Vorfahrt. Tacho zeigt 90 an. Auffahrt Banpo-Brücke, der Tacho schnellt auf 120. Freie Fahrt über den Fluss macht dem Fahrer sichtlich Spaß. Abfahrt in Gangbuk, normale 6-spurige Stadtstraße, aber das heißt ja nicht, dass man das Tempo anpassen muss. Der Tacho zeigt 140 an. Da wacht Hyeri wieder auf und ihr fällt ein, dass sie noch mal zu mir muss, wegen des Handy-Akkus. Der Fahrer versteht und wendet mit Tempo 90. Haarscharf schrammen wir an einem roten Kleinwagen und dem Brückenpfeiler vorbei. Gleiche Strecke zurück. Dies Mal holt er das letzte raus und die anderen Autos stören nicht mehr wirklich. Wenn wir einen Unfall bauen, starten wir den Level einfach neu, wir haben ja noch ein paar Leben durch die Sondermissionen rausgefahren. 110.120.140. Ich beschließe den Tacho einfach nicht mehr anzuschauen. Auf der Uferautobahn geht es in Richtung Samseong und die anderen Autos wirken surreal langsam, geradezu als würden sie stehen bleiben. Die Tempobegrenzung zeigt 80 an und so etwa in dem Bereich schleichen die anderen auch. Ein Rennen macht so keinen Spaß. Ich will die ganze Zeit die Aktionstaste drücken und Bananen abwerfen oder Schildkrötenpanzer, doch ich merke, dass die anderen Charaktere wohl auf "Sehr einfach" eingestellt wurden. Nur vereinzelt hält mal ein Taxi mit. Seoul kommt mir so klein vor. Für eine Strecke, für die man tagsüber eine Stunde braucht, haben wir kaum mehr als 5 Minuten gebraucht. Abfahrt am Olympiapark - ein LKW versperrt eine Spur, aber was ein Seouler Taxifahrer ist, der kommt bei Tempo 90 auch mit einer einzigen gebogenen Abfahrtsspur aus. Wir sagen der Betonwand kurz guten Tag, verweigern aber im letzten Moment den Händedruck mit dem Tod und befinden uns wieder in Gangnam. Die nächsten 3 Ampeln werden einfach mal gekonnt ignoriert. Siehe Fahrbahnteiler. Es folgt ein weiterer unerlaubter U-Turn auf der Kreuzung Yongdong-Allee, Bongeun-Allee und auf meinen Hinweis hin eine abrupte Abbremsung von Tempo 70 auf 0 vor dem COEX.
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Es sind Momente wie diese, die einen das Leben schätzen lassen.
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