Das Land im Norden hat heute Mal wieder Stress gemacht. War ja zu erwarten. Nachdem Südkorea seine Vollmitgliedschaft in der PSI bekanntgegeben hat, musste Nordkorea seine Warnung, das ganze als Kriegserklärung aufzufassen nun auch umsetzen. Und das haben sie ausnahmsweise Mal recht geschickt gemacht.
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So kann Nordkorea nun leider "nicht mehr für die Sicherheit der südkoreanischen Inseln im Westmeer garantieren" - und als Konsequenz fahren derzeit Kampfschiffe beider Seiten an der NLL auf. So zynisch das jetzt klingen mag: Diese antike Form von Krieg, d.h. rein militärische Ziele weit ausserhalb von Siedlungen, ist vielleicht das beste für alle Seiten. Sollte es wirklich zur Eskalation kommen, dann bitte dort. Sicher, für die jeweiligen Soldaten an Bord ist das nicht unbedingt schön. Aber realistisch und kühl betrachtet, immer noch deutlich besser als wenn es Raketen auf Seoul regnet. Hoffen wir Mal, dass es einfach so bleibt wie es ist. Säbelrasseln auf Messers Schneide.
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Die obige Situation im Westmeer kommt auch zustande, weil Nordkorea heute den Waffenstillstand von 1953 aufgehoben hat - dies heisst erst einmal konkret Recht wenig, denn im Kriegszustand befindet sich Korea ohnehin seit nunmehr fast 59 Jahren. Der Grenzverkehr läuft verrückterweise noch ganz normal. In Gaeseong wurde heute ganz normal gearbeitet. Jedoch ist dies ein höchst symbolischer Akt, der einen Zusammenstoß noch "alltäglicher" machen würde, denn beide Seiten befinden sich jetzt wieder in vollem Kriegszustand.
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So, das ist die Nachrichtenseite. Was bekommt man davon aber in Seoul wirklich mit? Heute kam schon wieder eine Mail an, in der sich Verwandte von Akademie-Studenten nach der Lage erkundigten, ob alles in Ordnung sei. Man lebt hier tatsächlich ein wenig inmitten des Wahnsinns, wenn man die Nachrichten schaut, unvorstellbar für Menschen, die in ihrem Leben nichts anderes mitbekommen haben als eine sich immer weiter ausdehnende EU-Friedensgemeinschaft.
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Ich habe heute bewusst die Presse ignoriert, alles was ich gerade geschrieben habe, weiß ich aus einem kurzen Nachrichtenüberblick bei YTN, den ich gerade geschaut habe als ich nach Hause gekommen bin.
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Das einzige, was im Straßenbild auffällt, sind die meist älteren Herren, die sich an den Nachrichtenkiosken und vor Fernsehern versammeln. Es sind keine Menschenmassen, aber insbesondere ältere Leute (Faktor Internetnutzung?) lugen doch öfter als sonst Mal nach, um sich auf dem neuesten Stand zu halten.
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Ich hingegen saß bei 31 Grad auf der wunderbar grünen Terrasse bei Codisen in Samseong-dong und schlürfte kalten Kaffee, während ich gedichtelesenderweise auf einer Hollywood-Schaukel in selbst erzeugtem Luftzug saß. Von Krieg war also denkbar wenig zu spüren. Normalität eben, wunderbare Normalität inmitten eines Landes, das sich theoretisch mitten im längsten Krieg der modernen Menschheitsgeschichte befindet.
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6 Kommentare:
Danke für den Beitrag, genau das wollte ich dich gerade fragen. Die Situation scheint diesesmal ja tatsächlich ein wenig weiter zu gehen als gewohnt, da ist es spannend zu sehen, wie die Bevölkerung in Südkorea darauf reagiert. Panik ist sicherlich nie ein guter Berater, andererseits bei der Nähe Seouls zur Nordgrenze... nicht auszudenken was passieren würde, wenn der Norden tatsächlich durchbrechen und in ein absolut unvorbereitetes Seoul einmarschieren würde...
Ja, es wird wirklich immer brenzliger und ich weiss beim besten Willen nicht, wann es wirklich explodiert. Aber man hat schon dieses Gefuehl, dass es ernster wird. Man macht ja oefter Mal Witze ueber die Lage, aber die Menschen reagieren schon deutlich gereizter auf das Thema als frueher.
Aber wie gesagt, absolut unvorbereitet ist Suedkorea schon seit langem nicht mehr. Ich meine deutlich oefter als sonst Militaerhubschrauber am Himmel zu sehen. Die Armee ist sowieso in Alarmbereitschaft. Der Bruder eines Kumpels ist derzeit im Westmeer stationiert und da sind sie auch schon seit Wochen auf einen Zwischenfall vorbereitet.
Trotzdem, wenn die jetzige Lage, was mit innernordkoreanischen Machtkaempfen zu tun hat, und danach sieht es fuer mich aus, dann kann jederzeit was passieren.
Ich wage es kaum zu schreiben, aber ich wuensche mir derzeit geradezu, dass Kim Jong-il die Zuegel fest in der Hand hat.
Mich würde echt mal interessieren wie die Leute auf der anderen Seite der Grenze den derzeitigen Zustand so sehen...
Wir haben im Osten ja damals auch kaum etwas von der obejektiven Realität mitbekommen.
Wer an der Grenze zu China lebt, ist klar im Vorteil, weil da immer Mal Nachrichten rueberkommen. In Pyeongyang selbst ist die Oberschicht eh informiert...der normale Bauer auf dem platten Land duerfte wohl wirklich nicht viel wissen.
Aber würde Nordkorea tatsächlich einen Militärschlag risikieren? Ich bin mir da wirklich nicht sicher.
Wollen...? Nein, das wollen auch die Jungs bestimmt nicht. Die wissen sich nur selber keinen anderen Rat mehr, um z.B.etwas Aufmerksamkeit zu bekommen. Und ausserdem lenkt man mit äusseren Problemen, schnell mal von den eigenen inneren ab.
Das Problem bei solchen Dingen ist allerdings, das man, wenn man so etwas erst einmal richtig in Gang gesetzt hat, garnicht mehr selbst in der Lage ist das ganze wieder rechtzeitig anzuhalten.
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