Lange nichts mehr über die Arbeit geschrieben. Und heute ist Mal ein guter Anlass. Bei der KTO entwickle ich mich derzeit ein wenig weiter weg von Übersetzung in Richtung Journalismus und Marketing, was mir deutlich mehr Spaß macht als den fünfhundertsten schlecht geschriebenen koreanischen Artikel über die tollen Mitmachprogramme und das leckere Essen bei dem X-Festival in Y zu übersetzen. Da habe ich nämlich mittlerweile meine Toleranzschwelle weit überschritten und ich werde eigentlich nur noch aggressiv, wenn meine Chefin mir so etwas schickt, egal wie nett sie persönlich zu mir sein mag. Da kann man uns noch so viel Freikarten für Shows geben; irgendwann hat man diesen Moment, in dem man vor dem Bildschirm hockt und sich denkt.
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"Was machst Du hier eigentlich. Hast Du dafür Koreanisch gelernt. Bist Du dafür hier in Korea. Willst Du das noch lange machen. Das ist so unglaublich sinnlos. Ich will raus hier."
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Diesen Moment hatte ich vor zwei Wochen bei der KTO und meine Chefin hat es sofort gemerkt; sie ist wirklich unglaublich gut im "Human Ressource Managing".
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Während man aber wie oben erwähnt wenigstens noch eine gewisse Entschädigung bei der KTO erhält und ich mir nicht zuletzt durch die Arbeit dort inzwischen einen guten Namen gemacht habe und trotz meiner formalen Position weit unten doch deutlich mehr Freiräume habe als alle anderen Ausländer dort, gibt es da noch so andere Jobs. So Jobs, wie sie mir heute angeboten wurden.
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Ich nenne die Firma nicht, aber ich würde das so gerne, allein schon um zu warnen.
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Da wurde doch tatsächlich für die Übersetzung einer TV-Dokumentation eine Pauschale von 120 Euro geboten. Auf meine Frage, wieviel Aufwand das denn umfasse, meinten sie, dass das nicht so viel sei. So etwa 40 Minuten dauere die Doku, aber man habe keinen Text vor Ort, ich müsste also nach Hörverständnis arbeiten. Dann kam aber der absolute Hammer, ich möchte zitieren:
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"Sie als frischer Uni-Absolvent müssen sicherlich in der derzeitigen Wirtschaftslage jeden Cent zwei Mal umdrehen, aber wir möchten Sie darauf hinweisen, dass bei Versand der Kasette mit Abspielgerät Versandkosten in Höhe von 20 Euro anfallen, die Ihrem Honorar abgezogen werden. Dies entspricht der üblichen Marktpraxis."
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Nein, tut es nicht.
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Gehts noch? Ich muss endlich Mal meinen Plan umsetzen, den Blog zu einem Portal umzubauen, auf dem auch eine Seite mit meinem Lebenslauf ist und daneben eine Preisliste. Und jetzt möchte ich noch eine Kategorie dazu tun. "Leute, die sich gar nicht erst melden brauchen".
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Und hier kommen wir zum Knackpunkt. Ich übersetze gerne auch für wenig Geld, wenn mich das Angebot überzeugt, ich da eine Perspektive sehe oder die Sache sich mit meinen Interessen deckt etc.
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Aber solche Aufträge, zu denen ich keinen Bezug habe und die mit einer derart fiesen Attitüde vorgetragen werden, da werde ich wirklich ein wenig böse.
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Nennen wir es ruhig "Arroganz", aber wo ich früher noch bereit war für 10 Euro die Stunde den größten Müll zu übersetzen - ich glaub ich muss meine Nordkorea-Propaganda-Erfahrung kaum noch einmal erwähnen - bin ich mir inzwischen für die Hälfte der Angebote, die ich bekomme schlicht und einfach zu schade.
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Inzwischen kenne ich die Marktpreise, weiß wie weit man reizen kann und muss, denn ich kenne auch die andere Seite, nämlich diejenigen, die Aufträge vergeben. Und ich ärgere mich, wie selbst in so einem kleinen Markt wie Koreanisch-Deutsch versucht wird, sich gegenseitig übers Ohr zu hauen. Ich mein, ich war selbst ein Teil als ich mich über die 30.000 Won gefreut habe, die ich koreanischen Oberschülern fürs Deutschsprechen abgenommen habe. Ich habe mich schlecht gefühlt, aber ich hab das Geld genommen.
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Ich würde mich niemals "Übersetzer" nennen, schon gar nicht mit dem Wörtchen Berufs- davor, auch wenn ich für eben diesen Preis dieses Jahr eine Übersetzung einreichen werde. Ich sehe ja Menschen wie Prof. Sasse, die seit 40 Jahren Koreanisch lernen und lehren und noch immer an den scheinbar einfachsten Stellen eines modernen Textes verzweifeln - und komme mir zurecht noch sehr klein und dumm vor.
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Gleichzeitig aber muss ich meine bisher erlangten Fähigkeiten auch nicht künstlich kleinreden - ich weiß, was ich kann und was nicht und ich weiß, was ich will und was nicht. Und oben erwähnter Mist muss einfach nicht mehr sein.
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Deshalb sind Institutionen wie das KLTI so wichtig; die haben vergleichsweise durchsichtige Kriterien, da sind Summen im Spiel, die offen diskutiert werden - und was fast am wichtigsten ist: Die Menschen dort wissen wie schwierig Übersetzung ist. Die würden wohl nie auf die Idee kommen, jemanden über den Tisch zu ziehen, da viele von ihnen selbst als Übersetzer gearbeitet haben oder es noch immer nebenberuflich tun.
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Irgendwie merke ich gerade, dass ich genug habe, eine Auszeit brauche vom Übersetzen. Bei KBS übersetze ich, bei der KTO übersetze ich, beim KLTI übersetze ich, für den Übersetzerpreis übersetze ich. Ich mag Übersetzen, übersetzen ist spannend und eine unglaublich herausfordernde Aufgabe. Aber wenn ich noch mehr übersetze, übergeb ich mich bald.
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Noch 15 Tage bis zur Bekanntgabe der Resultate meiner Bewerbung für Politikwissenschaften an der Korea University.
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3 Kommentare:
Aroganter Schnössel....
was is daran arogant? er kritisiert ein wichtiges problem in unserem markt..
du bist einfach unwissend.
ohne jegliche erfahrung aber sich teuer verkaufen ;-)
unwissend? :-)
seit doch froh das in laendern wie korea fuer solch unqulaifizierten uebersetzer gutes geld gezahlt wird!
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