31.7.09

Deutschkoreanerdeutscher

Da mich jetzt schon mehrere Leute drauf angesprochen haben, schreib ich doch Mal kurz was zu unserem neuen Chef, Lee Cham. Ich bitte aber um Verständnis, dass ich aufgrund meiner beruflichen Lage da nicht allzu sehr ins Detail gehen werde.
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Für alle, die es nicht mitbekommen haben: Der erste gebürtige Deutsche, eingebürgerte Koreaner, Lee Cham bzw. von Geburt aus Bernhard Quandt, ist nun auch offiziell zum Chef der KTO ernannt worden und ist damit nun unser Chef und nicht zuletzt der wohl ranghöchste "Neukoreaner" (immerhin seit mehr als 20 Jahren) im koreanischen Staatsapparat. Es ist schlicht das erste Mal, dass ein Eingebürgerter Leiter einer so bedeutenden öffentlichen Behörde wird. Mehr dazu im Kommentar von KBS World Radio, nicht von mir geschrieben, aber von mir übersetzt: Hier klicken.

Wenn man als Deutscher koreanischsprechenderweise durch Korea zieht, wird einen zwangsläufig jeder zweite Taxifahrer mit Lee Cham vergleichen und einem erzählen wie toll er ist. Ja, Lee Cham hat sicher eine Menge dazu beigetragen, dass Koreaner ein positives Bild von Deutschland haben, Lee Cham ist quasi der Vorzeige-Ausländer, der mit guten Fähigkeiten, weißer Haut, kultureller Sensibilität und Liebe zu Korea die Integration wie selbstverständlich geschafft hat.
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Ihn als Vorbild zu nehmen ist einfach, aber unrealistisch. So wie nicht jeder Supermodel und Manager werden kann, kann man nicht von jedem Bangladeshi aus der Textilfbarik erwarten, sich so zu integrieren wie Lee Cham. Lee Cham ist schlicht eine Ausnahme, ein Leuchtturm. Weißen, gut ausgebildeten Ausländern wie ihm/uns werden einfach ganz andere Chancen zuteil und daher ist es unfair alle Ausländer mit den gleichen Maßstäben zu messen.
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Zu seiner Berufung zum Chef der KTO möchte ich nicht viel werten Über seine Kompetenzen kann ich nichts sagen, ich weiß nur, dass gestern die Gewerkschaft in der KTO übelste Proteste gestartet hat und ihm so gut wie jegliche Kompetenz abgestritten hat. Das ist Unfug. Objektiv gesehen hat Lee Cham sicher nicht so viele relevante Referenzen wie der jüngst zurückgetretene Oh Ji-cheol - aber wie immer kann genau dies eine gute Chance sein zur Erneuerung.
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Auch ist die politische Kritik an ihm nicht klein. Er solllte für die Hannara Abgeordneter werden, er gilt als sehr konservativ und er war im Beratergremium für Lees "Großen Kanal" - ein Punkt, der ihm Kritik durch alle Gesellschaftsschichten eingebracht hat. Ansonsten gibt es noch ein paar hundert andere Gerüchte und Halbwahrheiten, seit er in der Öffentlichkeit steht. Die eine Zeitung berichtet er sei in der Wiedervereinigungssekte gewesen, die andere er sei Lees Kumpel aus der Somang-Gemeinde (die sogenannte Gosoyeong-Connection), wieder andere behaupten, er sei eigentlich Roh-Anhänger gewesen und opportunistischerweise zu Lee MB gestoßen. Keine Ahnung. Ist auch egal.
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Ich kenne ihn zu wenig, um zu beurteilen, warum er sich so eng an Lee Myeong-bak bindet, denke aber, dass er trotzdem mit vielen neuen Ideen und einem - eben doch irgendwo noch nichtkoreanischen Blick - eine Menge bewirken kann, wenn er es schlau anstellt. Und dass sich in der KTO wie in der gesamten koreanischen Bürokratie was bewegen muss, ist glaube ich allen Beteiligten klar. Dementsprechend denke ich, dass die Panik, die gerade herrscht, symptomatisch ist: Sollte Lee erfolgreich sein, steigt der Druck auf andere Steinzeitbürokraten, sich zu ändern.
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Ganz persönlich denke ich, dass es für die deutsche Seite eher schwieriger wird: Natürlich wird man einen besonderen Blick auf uns werfen und Lee wird der letzte sein, der uns versucht besondere Bonbons zukommen zu lassen; er steht unter Beobachtung, wir stehen unter Beobachtung und immer noch sehen ihn viele nicht als "echten" Koreaner an. Die Zeiten werden sicher nicht einfach in der KTO, aber im Interesse aller ist ihm wirklich nur das Beste zu wünschen.
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Sollte er scheitern - nicht auszumalen, was das für ein Rückschritt wäre, weil dann alle Kritiker das gefundene Fressen hätten: "Selbst wenn die Ausländer Koreaner werden, wissen sie halt nicht, wie unser Staat funktioniert." Dann wird es eine Weile dauern, bis man wieder jemandem eine so wichtige Position anvertraut. Also in diesem Sinne: Alles Glück dieser Welt, Chef!
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1 Kommentar:

TY hat gesagt…

entspringt er eigentlich "der" Quandt-Familie?!