Heute war wieder so ein faszinierendes Ereignis bei der Arbeit. Und ich spreche nicht davon, dass plötzlich und ohne erkennbaren Anlass alle Abteilungen mit Saft und Kekesen überschüttet wurden.
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Nein, ich wurde heute Zeuge eines Orkans namens amerikanischer Geschäftspraxis. Wir haben eine Marketingchefin aus den USA in der KTO. Nicht in unserer Abteilung, sondern im Convention Marketing, das ist extra. Sie scheint mehr als kompetent und noch dayu voller Energie, wozu sicher auch ihr afroamerikanisches Gemüt beiträgt (da sag noch mal einer als "Schwarze" würde man in Korea auf keinen grünen Zweig kommen).
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Jedenfalls rennt sie heute in unserer Abteilung rum - und freundet sich natürlich prompt mit mir an. Das Meeting mit unserem Abteilungsleiter wurde um 15 Minuten verschoben und so sitzt sie nun da und redet mit mir. Eine unglaublich nette Frau, auf den ersten Blick wirklich sehr kompetent, sicher im Auftreten, einnehmende Persönlichkeit. Hat lange Erfahrung im asiatischen Markt und spricht fließend Koreanisch (ein einfaches Koreanisch, aber eben sehr flüssig mit guter Aussprache). Wir flachsen so über Master in Korea, Zukunftaussichten und ähnliches und dann beginnt das Meeting. Ich höre ganz zufällig ein wenig mit.
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Sie schaltet um, spricht nur noch Englisch, zack zack serviert sie unseren Abteilungsleiter ab (vor dem sonst die meisten zurückhaltenden Respekt bis übelste Angstzustände haben), ruft gleich noch die Vize-Abteilungsleiterin und einen anderen Abteilungsleiter, lässt sich von allen die Kontaktdaten geben und beruft eine Sitzung ein. Sie ist in der Hierarchie nicht wirklich höher - nur lauter und deutlicher in ihren Aussagen.
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Warum ich das alles erzähle?
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Nun. Auf den ersten Blick war das erfolgreiche Geschäftspraxis. Die hat ihren Willen durch, ihr Projekt wird von allen Abteilungsleitern in einer gemeinsamen Sitzung besprochen anstatt, dass es jedem einzeln vorgetragen wird.
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Als Deutscher würde ich auch sagen, dass dies die effektivere (schon ganz falsche Kategorie im koreanischen Geschäftsleben) Methode ist.
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Aber an den Reaktionen als sie weg war, merkt man, dass sie vielleicht kurzfristig damit bekommt, was sie will, aber schon nach einem Monat in der Firma bei allen, die was zu sagen haben, völlig unten durch ist.
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Alle Ausländer in der Firma (und wir sind nicht gerade wenige) halten ihr aber die Daumen, denn ihre Pläne könnten dafür sorgen, dass es wirklich mal über die Content-Erstellung und Aufbereitung hin zu modernem Marketing geht.
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Jedenfalls komm ich da natürlich wieder ins Grübeln: Ist meine Anpassung ans Koreanische (ja, natürlich mache ich dieses Projekt auch noch, nein ich bleibe gerne länger etc.) vielleicht doch der falsche Weg? Ich mache ja doch auch immer wieder etwas falsch, egal wie sehr ich mich anstrenge und versuche den Koreaner zu mimen. Zum Beispiel werde ich niemals die formalen Hierarchien einhalten, was mir viel Kritik von über und unter mir eingebracht hat (indirekt natürlich).
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Ist es da nicht vielleicht besser ganz offensiv den Ausländer raushängen zu lassen, im Büro nur noch Deutsch zu sprechen und jedes Mal einfach hinzuschmeißen, wenn ich angeeckt bin? Ist doch auch keine Alternative oder?
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