3.3.10

Katze aus Sack, Jan ins Parlament

So, jetzt wo es auch in den Medien breitgetreten wird, kann ich die Katze ja aus dem Sack lassen. Die ist schon fast da drin verfault.
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Die konservative Mehrheitspartei im Parlament - wahlweise auch in Koreanistenkreisen die "diktatorischen Faschistenclique" genannt - hat heute offiziell ihr "Hannara Global Intern"-Programm angekündigt, wonach ausländische Politikstudenten in Korea bei Hannara-Abgeordneten bezahlte Praktika absolvieren dürfen.
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Die Aufgabenbereiche sind Recherche und Propaganda, so wie es sich gehört. Es geht natürlich um eine Imageverbesserung der Hannara. Aber mediokre Sachen zu vermarkten, das mache ich ja seit mehreren Jahren in verschiedenen Positionen, weshalb mir das nicht allzu schwer fallen sollte.
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Bei welchem Abgeordneten, bzw. welcher Abgeordneten (grins grins hust hust) ich unterkomme ist noch nicht ganz raus, aber wer weiß........^^.
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Jetzt hör ich schon die Kommentare a la "er lässt die Maske fallen", "nun kommts raus", "ich wusste ja immer, dass er ein Faschist ist". Was soll man dazu sagen.
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Es stimmt schon, dass man das etwas erklären muss. Dass ich die Hannara auch nicht schlimmer als andere Parteien finde, dürfte klar sein. Dass ein Praktikum nicht gleich die Zustimmung zu einer Partei begründet, ebenso. Ich kenne Leute, die SPD-Mitglied geworden sind, weil sie im SPD-Abgeordnetenbüro arbeiten wollten, aber weiterhin stramm CDU gewählt haben. Das Schöne ist, bei mir stellen sich solche Fragen gar nicht erst. Es geht schlicht und einfach darum Einblicke in den politischen Prozess zu bekommen, die mir (und 99,99% der Koreaner) nicht gewährt werden. Wenn es das gleiche Programm bei einem mir nahestenden Abgeordneten der Minjudang gäbe, würde ich es wahrscheinlich ebenso machen. Nur meine grundsätzliche Ablehnung gegen die von manchen so hochgelobte Minnodang dürfte ein Ausschlusskriterium sein, weshalb ich dort nicht einmal einen Einblick gewinnen möchte.
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Wie auch immer, einer meiner Professoren drückt das immer so schön aus: Wir suchen hier nach dem weniger Falschen, was nicht heißt, dass das dann richtiger ist. 우리가 여기서 알아내고 싶은 것은 '덜 틀린 것'들 입니다. 그런데 그렇다고 해서 '더 맞는 것'을 찾는다고 할 순 없습니다.
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Ich rede jetzt seit vielen vielen Jahren über koreanische Politik. Am Anfang leidenschaftlich schwaermerisch, inzwischen recht desillusioniert von der realen Politik, aber fasziniert von der theoretischen Tiefe der koreanischen Politikwissenschaft. Aber all diese Bücher, all diese schlauen Professoren können mir trotzdem nicht sagen, wie der Politikbetrieb in Korea wirklich funktioniert, wie der Alltag in der Nationalversammlung ist.
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All diese schlauen Leute, die ueber die Hannara herziehen, all diese schlauen Leute, die koennen es auch nicht sagen. Und selbst wenn sie mir es erzaehlen koennten, es waere nicht das Gleiche wie wenn ich es selbst erlebe.
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Ich habe vor einigen Monaten mit einer Mitstudentin genau darüber gesprochen. Sie ist genau meiner Auffassung, dass man aktive Politik und Politikwissenschaft eigentlich getrennt halten sollte, gerade im Studium, aber auch sie hat selbst einige Monate in der Nationalversammlung mitgearbeitet und war fasziniert, wie wenig von der vielen Arbeit, den vielen kleinen Prozessen, von den hart arbeitenden Politikern in den Ausschüssen überhaupt ankommt. Selbst wenn jede Woche eine große Schlägerei ist, dann findet an 6 Tagen immer noch konstruktive Zusammenarbeit in verschiedenen Ausschüssen statt. Mit hunderten Gesetzen, die ohne jeglichen Streit verabschiedet werden, mit tausenden Mitarbeitern im Hintergrund, die solide wissenschaftliche Arbeit leisten. So etwas schlicht als "disfunktional" zu beschreiben, heisst auch diese vielen Mitarbeiter mitzubeleidigen.
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Ich war von den Erzählungen dieser Studentin sehr fasziniert und seitdem hatte ich den Wunsch mir das einmal selbst anzuschauen. Ein paar Telefonate und Bemühungen weiter und jetzt ist die Chance da. Nun bin ich gespannt, wie das alles genau wird.
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Wie gesagt, ich sehe das nicht als Loyalitätsbekenntnis zur Hannara, aber ich sehe die Hannara eben auch nicht als der autoritäre bis faschistische Elitenzirkel, den da so manche schlaue Leute in ihr sehen. Da ich die Parteiarbeit aus Deutschland bis in die obersten Ebenen kenne, ist es schlicht mein komparativistisches Interesse nun auch die koreanische Seite kennenzulernen. Bin gespannt wie ein Flitzebogen. Meine Boxhandschuhe werde ich aber zuhause lassen.
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3 Kommentare:

Georg hat gesagt…

Holla! Wann willst Du das denn noch machen? Wie koordinierst Du bloss die ganzen verschiedenen Jobs/andere Tätigkeiten mit Deinem Studium?! Aber herzlichen Glückwunsch trotzdem!
Stell doch mal wieder einen Mustertagesplan in den Blog.

Gomdori@KU hat gesagt…

Naja wie gesagt, das Praktikum soll nach Moeglichkeit in den Ferien stattfinden ^^ Im Moment sind meine Tage auf 22 Stunden durchgetaktet :D

Sarah hat gesagt…

Glückwunsch!! Weiß garnet, warum du dich so rechtfertigst. Ist doch ne super chance!!!