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Irgendwie ließ ich mich dieses Mal aber in ein gemeinsames Reiseabenteuer reinschwatzen. Naja, nicht irgendwie, sondern bei sehr viel Bier und Soju mit guten Freunden, denen man im Zweifel einen solchen Wunsch nicht abschlägt.
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So kam es also, dass wir nur zwei Wochen nachdem wir es abgemacht hatten, tatsächlich zusammen, d.h. zu dritt, auf der Autobahn waren. Und hiermit sind wir auch schon beim größten Vorteil der Reise. Wir sind mit dem Auto gefahren, das dem einen Mitreisenden Doo-Hwan gehört.
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Nach einem stärkenden Abendmahl in Hongdae ging es also los und – wie es so passiert, wenn drei Männer eine Reise planen – landeten wir in einem Taifun. Sowas habe ich noch nicht erlebt. Unglaublich. Alles schlich auf der Autobahn, von allen Seiten preschte Wasser heran, man spürte wie der Wind den kleinen Wagen zur Seite drängte, aber unser Fahrer war echt spitze und die ganze Zeit konzentriert. Jonggak und ich beschlossen Duhwan eine "Best Driver" Uniform zu schenken, wie sie Taxifahrer in Seoul manchmal anhaben. Trotzdem entschieden wir uns unseren Reiseplan von hinten aufzurollen und in Suncheon zu beginnen.
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Dies beginn mit einer Besichtigung der erstaunlich schönen und paradiesisch gelegenen Festungssiedlung Nagan. In Nagan sind fast alle Häuser strohgedeckt und es wurde viel Wert auf Details gelegt. Man kann auf der alten Stadtmauer herumspazieren und den Blick auf die weiten Reisfelder und Berge der Umgebung schweifen lassen. Einfach grandios! Dazu das Essen der Namdo-Küche mit den sprichwörtlich sich biegenden Tischbeinen. Besser hätte die Reise nicht losgehen können.
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Suncheon |
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Als nächstes ging es ins Sumpfgebiet der Bucht von Suncheon, einem riesigen Biosphärenreservat mit Watt, Schilf und viel Feuchtgebiet. Leider fanden wir erst sehr spät heraus, dass man für die guten Fotos von oben erst einmal sechs Kilometer durchs Watt, dann einen Berg hoch, wieder halb runter und dann wieder hoch muss. Wir keuchten uns bei 33 Grad durch das Schilf und über den Berg und wurden mit einer erneut wunderschönen Aussicht belohnt.
Abends ging es dann weiter nach Mokpo. Zwischendurch hielten wir noch kurz vor Toresschluss auf den Teefeldern von Boseong an – wiederum wunderschöne Aussichten. Die Teeplantagen sind einfach in die Berge gepflanzt worden, sodass sich unendliche Reihen von steil abfallenden Teebüschen aneinanderschmiegen. Aber seht selbst:
Abends ging es dann nach einem ereignisreichen Tag nach Mokpo, wo wir von einer Freundin versetzt wurden, die uns versprochen hatte, ganz billig Fisch im Fischrestaurant ihrer Mutter zu besorgen. Den Fisch aßen wir trotzdem, dafür sehr teuer. Und wo wir gedacht hatten, dass Mokpo nur eine kleine Küstenstadt ist, wurden wir positiv überrascht: Inzwischen ist es eine veritable Großstadt geworden mit großem Vergnügungsviertel und schöner Uferpromenade, an der es abends Live-Konzerte gibt. Einem solchen Konzert lauschten wir dann auch bei Bier und Crackern bevor es ins Motel ging, denn morgen sollten wir ja früh die Fähre nehmen.
Tatsächlich ging es dann am nächsten Morgen früh los. Nach 2 Stunden Fahrt mit der Schnellfähre, die leider durchs Meer wippte wie eine Achterbahn kam man dann mit flauem Gefühl auf Heuksando an. Und dann passierte das große Unglück: Wir verpassten den Bus, weil ich darauf bestand an einer Bushaltestelle weiter zu warten, der Bus kam jedoch nicht so weit und bog vorher ab. Und so saßen wir fest, bis zum Nachmittag. Die Stimmung war im Eimer, zumindest bei dem koreanischen Teil der Truppe.
Überhaupt wurde in diesem Moment der grundlegende Unterschied zwischen meiner und „deren“ Reiseauffassung sichtbar, was wir dann sogar sehr Deutsch ausdiskutierten, wobei die Initiative dazu nicht einmal von mir kam. Koreaner bzw. die beiden Exemplare mit denen ich unterwegs war, möchten möglichst viel erleben, möglichst viele Fotos schießen, um später etwas zu haben, woran man sich erinnern kann. Ich hingegen wollte entspannen, um aufgetankt wieder in den Job gehen zu können. Deshalb war es für mich kein Problem ein paar Stunden am Hafenbecken in einem Pavillon rumzuliegen und ein Buch zu lesen, während es für den Rest der Mannschaft ziemlich das „Inswasserfallen“ der Reise bedeutete.
Ins Wasser fiel dann sowieso der Rest des Ganzen, weil es anfing wie aus Kübeln zu gießen und die Insel mehr und mehr im Nebel versank. Auch dies war für mich überhaupt kein Problem. Ich finde Felsenformationen, insbesondere wenn man mitten im Nichts ist, sehr sehr anziehend und schön. Alle paar Minuten wandelte sich die Bucht, weil immer andere Felsen und Berge aus dem Nebel aufragten. Jedenfalls nahmen wir dann nachmittags einen Tourbus, dessen Verspätung ausnahmsweise nicht an mir lag und fuhren einmal quer über die Insel.
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Boseong, Mokpo, Heuksando |
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Grandiose Felsformationen, selbst im Regen azurblaues Wasser und kleine Fischerdörfchen. Auf einem hohen Pass gab es selbstgebrauten Makgeolli von einer Ajumma. Der beste Makgeolli, den ich je getrunken habe. Dickflüssig, fast joghurtartig. In einem Fischerdorf, in dem eine schwangere Vietnamesin mit ihrem Mann servierte (internationale Hochzeiten sind bis hierher vorgedrungen) gab es dann frische Muscheln mit Seetang und, natürlich, Makgeolli.
Abends waren wir dann wieder am Hafen und kredenzten uns den berühmten fermentierten Rochen der Insel (Hongeo) und Abalonenbrei (Jeonbokjuk). Während das erstere wie Harzer Käse schmeckt und nur gegessen wurde, weil man schon mal auf der Insel ist, ist Jeonbokjuk eines meiner Lieblingsgerichte. Ein sehr herzhafter und doch bekömmlicher Reissuppenschleimbrei.
Dazu gab es unendlich Alkohol und schließlich versuchte ich mit einer kleinen Überraschung den Fehler vom Tag wieder gutzumachen, was auch mehr als gelang. Auf dem Rückweg von der Tour hatte ich in einer kleinen Bucht eine Art Mole entdeckt, die zu einem Felsen auf dem offenen Meer führte. Dorthin führte ich also meine Mitreisenden und es war einfach nur traumhaft.
Mitten auf dem Meer, die Felsen und der Wind um einen herum, nur die Felsen noch schwärzer als das Meer. Duhwan fing sofort an zu singen, Jonggak und ich ließen ihn in Ruhe seinen Frust von der Seele singen und unterhielten uns stundenlang über Buddha und die Welt. Ein einzigartiger Abend auf einer einzigartigen Insel.
Am nächsten Morgen ging es dann zurück aufs Festland, weil es so stark regnete, dass ein Ausflug auf die ebenfalls landschaftlich schöne Insel Hongdo ausfallen musste. Zurück auf dem Festland entschieden wir uns angesichts des Wetters im Süden langsam nach Seoul vorzuarbeiten und zu schauen, was man auf dem Weg noch mitnehmen kann.
So kamen wir zum Byeonsan-Nationalpark und dem wunderschönen Tempel Naesosa, einer der wenigen bedeutenden Tempel, die ich noch nie besucht habe. Und was ein schöner Tempel das wieder war. Duhwan, nicht besonders gläubiger Katholik, war nicht so interessiert an Kultur, während Jonggak, der wie ich Buddhist ist, gerne länger geblieben wäre. So ist das mit den Kompromissen auf Reisen. Jedenfalls sind die Gebäude von der „Koreanischheit“ fast so schön wie der Buseoksa und ich will auf jeden Fall noch einmal hin, um den Tempel näher zu erkunden.
Schließlich ging es dann weiter zum Strand. Auf meinen persönlichen Wunsch wollte ich noch mal einen Strand sehen und ein bisschen entspannen. Abends kamen wir dann in Mallipo an, einem Strand, der von der Ölkatastrophe in Taean stark betroffen war. Heute sieht man zumindest oberflächlich nichts mehr davon.
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Westkueste |
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Wir gingen dann abends essen und gerieten an einen Haufen örtlich bekannter Ajeosshis, die den Ausländer mal meinten so richtig bewirten zu müssen. Wir landeten in einem zwielichtigen Noraebang, doch anstatt Frauen zu bestellen, fingen die Ajeossis an sich auszuziehen und von ihrer Manneskraft zu erzählen. Alles in Bild und Video festgehalten, wobei ich die schlimmsten Fotos meinem Archiv vorbehalte und nicht hochlade. Wir jedenfalls waren ganz froh, denn die Ajeossi-Eskapade ermöglichte uns einen Abend mit viel gutem Alkohol, Obst und Gesang für lau. Zumal die Herren eh die ganze Zeit eher mit sich selbst beschäftigt waren als mit uns zu quatschen.
Am nächsten Morgen regnete es dann und gerade als wir uns ins Auto setzen wollten, um nach Seoul zurückzufahren, zog es wie ein Wunder auf, der Regen stoppte und wunderbarster Sonnenschein kam hervor. Wir uns also strandfertig gemacht und noch ein paar schöne Stunden im recht kalten Westmeer gehabt.
Im Duschraum merkte ich dann wieder, dass ich doch noch kein Koreaner bin und es mit meiner verklemmten Art wohl nie werde: Die beiden Herren zogen in der Dusche sofort blank und fingen an sich gegenseitig abzuschrubben, wo ich mich eher raushielt.
Nach einem stärkenden, aber extrem geschmackslosen Essen in einem Restaurant am Strand (Die Küche Chungcheong-dos ist ungefähr so für ihre kulinarischen Genüsse bekannt wie Brandenburg), ging es dann aber endgültig nach Seoul zurück. Fast 5 Tage voller Erlebnisse und wieder neue Seiten von Korea und Koreanern kennengelernt, wenn das mal kein Erfolg ist.
4 Kommentare:
Sunnys Mutter hat Restaurants in Gwangju und Mokpo, oder? sehr lustige Bilder!
hehe...ja Sunny wollte uns groooooss auf Hoe einladen und dann haben wir das Restaurant nicht gefunden, sie hat sich nicht mehr gemeldet und dann sind wir in dem anderen untergekommen, was auch in Ordnung war....waer sowieso bissel mies gewesen sich zu dritt auf Sunnys Mutters Kosten durchzufuttern ^^
Sehr schöner Reisebericht und tolle Fotos! Da bekommt man richtig Lust, die Route mal nachzufahren. Die Fotos werd ich mir in den nächsten Tagen nochmal genauer anschauen, wenn ich mehr Zeit habe. Wie machst Du es, dass Du solange wegfahren kannst? Ich dachte in Korea gibt´s nicht soviel Urlaub. Deine Kumpels sind sicher Studenten?
Witzig, dass ich genau die umgekehrte Erfahrung gemacht habe. War mit Koreanern in einem Hot Spring Resort in Japan und haette mir gerne was von der schoenen Landschaft in der Umgebung angeschaut, waehrend Koreaner im Hotel ausspannen und schlafen wollten und am liebsten gar nicht rausgegangen waeren...;)
Hehe...ja das ist die Gefahr von Verallgemeinerungen..Sichenori ist bestimmt ebenso verbreitet als Urlaubstyp wie meine hyperaktiven Freunde ^^
Dass ich so viel Urlaub habe, liegt daran, dass ich eben nicht fest angestellt bin und warum ich versuchen werde so weit wie moeglich immer selbststaendig/freelance zu machen... man muss sich mit den arbeitgebern absprechen, ist aber viel flexibler...gleichzeitig, selbst wenn ich auf urlaub gehe, schreibe ich trotzdem zwischendurch kurze sendungen oder mache leichte uebersetzungen, wenn was wirklich wichtiges anliegt..
ich mache im jahr etwa 6-7 wochen urlaub, ein festangestellter in korea hat um die 15-18 tage
(meine kumpels sind firmenangestellte und haben 5 tage urlaub genommen)
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